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Herwig Irmler
5. Dez. 2011 Nach alter Überlieferung aus Kindheits-Tagen. Um 1940- Autor unbekannt |
Netto Bosetto |
Es war einmal ein
Mann und eine Frau,
die in einer waldreichen Gegend wohnten. Nicht weit entfernt davon
ragten große Berge empor. Am höchsten Gipfel war sogar noch im Sommer
weißer Schnee zu sehen.
Grüne Hügel, bunte Blumen und freundliche Menschen waren in der Siedlung
anzutreffen.
In einem netten Häuschen
wohnten eine Frau und ihr Mann. Neben dem Wohnhaus war ein netter Garten
mit Obstbäumen und einem kleinen Gemüsebeet. Es schien alles in
Ordnung zu sein.
Das hier wohnende Ehepaar war dennoch oft traurig. Es fehlte ihnen das
bekannt
fröhliche Kinderlachen. Aber der Wunsch nach einem Familien- Zuwachs
schien sich
nicht zu erfüllen.
Eines Tages,
die Familie fühlte sich wieder einmal sehr einsam, als die Mutter am
Herd ihrer Küche-
der traditionellen Kochkunst freien Lauf ließ. Es
stand ein Erbsengemüse am Speiseplan.
Die grünen Kügelchen tanzten schon im kochenden Wasser spielerisch ihre
Runden,
als
die Mutter erneut ihren innigen Wunsch deutlich aussprach:
"Ach", sagte die Frau, "Ich wünsche mir ja so sehnlich ein Kind.
Am Liebsten wäre mir,
wenn gleich alle grünen Erbsen-Kügelchen zu kleinen Kindleins
würden."
Kaum hatte sie das gesagt, schien ihr Wunsch Wirklichkeit zu werden. Die
aus den
Erbsen verwandelten Kindlein fielen aus dem Kochtopf, auf den
Boden, sowie auf Tisch
und Bänke. Im Nu waren mehr als 100
kleine Kindlein in der Küche.
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Der Vater war verzweifelt!
"Frau, so viele Kinder können wir doch nicht ernähren. Das ist ja ein
großes Unglück".
Kaum hatte das der Vater gesagt, purzelten die vielen Kindleins wieder
in den Kochtopf zurück- und wurden zu dem was sie waren. Grüne Erbsen!
Da weinte und beklagte die Frau ihren Mann: "Schau nur was Du jetzt
gemacht hast.
Ich war schon so glücklich. Und jetzt haben wir wieder
kein Kindlein!" Darauf sagte
der Vater: "Aber so viele Kinder könnten wir doch nicht ernähren."
Plötzlich hörte die Frau in ihrer tiefen Trauer eine Kinderstimme rufen:
"Hier bin ich, hier bin ich!" Gleich nahmen Mann und Frau die
Suche auf.
Und plötzlich sahen sie ein
kleines Kindlein unter einer Bank sitzen.
Da war die Freude groß. Die
Mutter nahm das Kindlein in die Arme.
Nach kurzer Überlegung hatten sich
die überglücklichen Eltern auch einen Namen
für den lieben Buben
ausgesucht. Er sollte `Netto Bosetto´
genannt werden.
Netto Bosetto wuchs mit den glücklichen Eltern rasch heran.
Das Kindlein
war stets
fleißig, folgsam und sehr freundlich zu den Menschen. |
Bald schaffte es Netto Bosetto auf Bäume zu
klettern
Dieses Talent nützte er, um im Herbst für die Eltern Äpfel und Birnen zu
pflücken.
Die Eltern freuten sich über ihren fleißigen Buben und waren
sehr glücklich...
Eines Tages kletterte der Junge wieder auf einen Obstbaum - wo saftige
Birnen in goldgelber Farbe hinter den Blättern der Bäume sichtbar
wurden. Kaum hatte er einen
Sack mit den frischen Früchten voll gefüllt,
kam eine alte Frau und blieb unter dem
Baum stehen.
Sie schaute mit ihrer langen, gekrümmten Nase,
dem großen Mund,
sowie einem schwarzen Tuch auf ihrem Kopf- zum Baum
hinauf und rief:
"Netto Bosetto- du lieblicher Knab-
ach wirf mir doch bitte ein Birnlein herab!"
"Ja warte," sagte der Bub auf dem Baum. Er pflückte eine große Birne und
warf sie
hinunter. Der freundliche Junge sagte: "Da hast Du eine Birne. Lass sie
dir gut
schmecken!" Kurz darauf sagte die alte Frau:
"Ach wie schwach ist mein Augenlicht-
denk Dir, die Birne sehe ich nicht!"
Netto Bosetto, freundlich und hilfsbereit wie er war, stieg vom Baum, um
der Frau die
Birne zu geben. Doch als sich das Kind nach der Birne
bückte, stülpte die Frau ihren
großen
Sack über das Kind- und schnürte den Sack mit einer Schnur fest zu.
Jetzt erst erkannte
das Kind, dass es von einer bösen Frau gefangen war.
Von der
leibhaftigen Hexe!
Netto Bosetto weinte über diese böse Tat.
Jetzt lag er zwischen Kohlen und Kartoffeln eingesperrt am Rücken der
Hexe- und hörte
wie sie sagte: "Heute brate ich Dich noch im Feuer.
Und dann werde ich Dich
verspeisen!" "Nein, nein - Hilfe, Hilfe!" -
rief das Kind. Aber niemand konnte es hören,
um ihm zu helfen. Da erinnerte sich der Bub daran, dass er in seiner
Hosentasche ein kleines Taschenmesser hatte. Damit machte er einen
kleinen Schnitt in den Sack- und
warf in kurzen Abständen ein stück Kohle entlang des Weges, den die Hexe
ging.
Immer
tiefer war die
Hexe in den Wald gegangen.
Und als es schon etwas dunkel wurde, dachte sich Netto Bosetto, dass die Zeit
gekommen wäre, die Flucht zu wagen.
Der Junge machte mit seinem
Messer einen größeren Schnitt in den Sack, schlüpfte
hinaus und
versteckte sich gleich im Wald.
Als die Hexe die Flucht bemerkte, suchte
sie zwar nach dem Kind- konnte es aber nicht wieder finden.
Netto Bosetto ging rasch
entlang der verstreuten Kohlen dorthin zurück, von wo
ihn die Hexe entführt hatte.
Wie glücklich war er doch, als er wieder
im Haus seiner Eltern war.
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Der Vater erklärte dem Sohn,
dass man nur seinen Familienangehörigen vertrauen soll.
Einige Tage später war erneut Netto Bosetto im Garten. Kletterte auf den
Birnbaum,
um für die Eltern Obst zu sammeln.
Da kam wieder die böse Hexe zu dem Baum, wo Netto Bosetto Birnen
pflückte.
Auch diesmal wiederholte sie, wie schon beim ersten Mal, erneut ihren
Wunsch nach
einer saftigen Birne, Denn sie hätte ja so einen großen
Hunger:
"Netto Bosetto- du lieblicher Knab-
ach wirf mir doch bitte ein Birnlein herab!"
Netto Bosetto war nicht nochmals so leichtsinnig- dieser
Aufforderung nachzukommen.
An diesem Tag rief er mit den selben Worten, wie sie die böse Hexe einst
gesprochen hatte, zurück:
"Ach wie schwach ist mein Augenlicht-
denk Dir, die Birne sehe ich nicht!"
"Potz Tausend!" schrie die böse Hexe.
Und in ihrer Wut stampfte sie mit
ihrem rechten Bein,
tief in die Erde. Den linken Fuß packte sie mit ihren Händen-
und
dann riss sie
ihren Körper in zwei Teile. Sie war auf der Stelle tot!
Netto Bosetto und seine Eltern
waren von nun an- sehr glücklich. Sie lebten noch
viele Jahre zufrieden in ihrem netten Häuschen. Und wenn sie nicht
gestorben sind, dann leben sie Heute noch.
Die Geschichte ist aus, dort läuft eine Maus...
Herwig Irmler |
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