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Herwig Irmler
22.
Nov. 2011 Nach alter Überlieferung aus Kindheits-Tagen. Um 1940-
Autor unbekannt |
Der Drache in der Mühle |
Es war einmal eine
Familie,
die in einem wunderschönen Ort lebte. Dort gab es einen großen Wald mit
saftig grünen Bäumen. Bunte Blumen leuchteten in der Sonne. Und von
einem kleinen Bergrücken hatte man einen schönen Ausblick auf die vielen
Häuser des Ortes.
Im kleinsten Haus lebte eine Frau mit zwei
Kindern.
Das ältere Kind hatte den Namen Susanne. Dessen Vater war schon vor
einigen Jahren verstorben. Die Mutter liebte Susanne viel mehr, als das
Stiefkind Gretel, die auch bei ihr wohnte. Eines Tages sagte die Mutter
zu Gretel. "Ihr seid jetzt schon beide große Kinder.
Und weil für euch Beide zu wenig Platz im Haus ist, musst
Du ab Morgen in der alten Mühle schlafen." Gretel weinte und sagte ganz
ängstlich: "Ich will nicht in der Mühle schlafen. Ich habe
Angst. Die Leute sagen - dort spukt es. Geister gehen durch das Haus. Ich fürchte
mich vor Gespenstern. Und sogar der böse Drache soll dort sein Unwesen
treiben!"
"Aber Papalapap! Das ist ja alles Unsinn. Du schläfst ab Morgen in der
alten Mühle. - Und basta!"
Mit schrecklichen Träumen ging für Gretel die
Nacht vorüber.
Und am nächsten Morgen bekam sie von der Mutter ein schimmliges Brot und
ein faules Wasser zum trinken - mit in die Mühle. Gretel sperrte am
Abend mit einem Schlüssel die
alte Mühle auf. Und nachdem sie eingetreten war, sperrte sie gleich
wieder zu. Sie hatte
ja so große Angst. Gretel weinte aufs Neue, als die
Nacht hereinbrach und die Finsternis das Haus verdunkelte.
Plötzlich piepste es in der Mühle.
Was war das? Da krabbelte es über dem Tisch. Ein Mäuschen! Und es kann
sogar sprechen: "Gretel, ich bin die Mäuse- Mutter. Meine Familie hat
großen Hunger. Dürfen
wir etwas von Deinem Brot haben?"
"Selbstverständlich! Ihr dürft alles Brot und Wasser haben." "Danke!",
sagte das Mäuschen. Es steckte eine Pfote in den Mund und machte einen
lauten Pfiff! Gleich darauf kamen viele Mäuschen, um gemeinsam das Brot
zu
essen und das Wasser zu trinken. Die Mäuschen-Mutter bedankte sich
und sagte:
"Weil Du so nett zu uns warst und unseren Hunger gestillt hast,
sage ich Dir jetzt, wie Du
mit
dem bösen Drachen fertig wirst. Wie Du ihn besiegen kannst. Du musst Dir
nur gut
merken,
was ich Dir jetzt sage. ...bla...bla...bla... Dann verschwanden die Mäuschen, so wie sie gekommen waren.
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Gretel hatte große Angst,
als die Mitternachtsstunde mit einem lauten ...kling...kling...
12 mal schlug. Ein furchtbares Brausen war zu hören- und zwischen den
Tür-Spalten war der feuerspeiende Drache zu sehen. Er schlug mit seinen
Pranken auf die Tür. Und aus seinem riesengroßen Maul
blies er
Feuer heraus. Dann rief er: "Gretel mach die Türe auf. Ich will Dich
fressen!"
"Nein, nein," rief Gretel. "Du musst mir vorerst drei
Wünsche erfüllen!" "Ja, mach schnell. Das hab´ ich gleich. Und dann
fresse ich Dich auf!" Rief der Drache. |
"Zuerst wünsche ich mir die schönsten
Bekleidungen -
für mich", sagte Gretel. ...ha...ha...
lachte der Drache. "Das ist kein Problem". Und
tatsächlich. Nach nur drei Minuten war er schon wieder vor der Tür.
"Gretel schau heraus. Ich habe Dir Deinen Wunsch erfüllt!" Der Drache
machte die große Kiste auf, die
er gebracht hatte. Er zeigte einige der
schönsten Kleider, Hemden, Hosen und prächtige Schuhe. "Was willst Du
jetzt?"
"So. Jetzt wünsche ich mir Süßigkeiten",
sagte Gretel zum Drachen. Und wieder kam der Drache bereits nach fünf
Minuten zurück. "Sieh heraus. Ich habe Deinen Wunsch erfüllt." Dabei
öffnete er eine große Schachtel und zeigte Torten, Schokolade, Marzipan
und andere Süßigkeiten.
Nun erfülle ich Dir noch den dritten Wunsch. Und dann fresse ich Dich
auf. Denn ich habe schon einen großen Hunger! Rief der Drache.
"Gut", sagte Gretel. "Jetzt sage ich Dir meinen dritten Wunsch.
"Hinter dem Haus befindet sich eine Wasser-Quelle. Daneben steht
ein großer
Kübel und ein Schöpfer.
Mit dem Schöpfer musst Du Wasser in den Kübel
geben.
Wenn der Kübel mit Wasser gefüllt ist, hast Du meinen Wunsch ausgeführt.
Und Du darfst zu mir in die Mühle kommen. "OK"- sagte der Drache. "Wenn
ich damit
fertig bin, werde ich dich fressen!" Und gleich machte er sich an die
Arbeit.
In der
Dunkelheit sah der Drache nicht, dass der Schöpfer viele Löcher hatte.
So wie ein Sieb. Daher floss das Wasser während dem Schöpfen immer
wieder aus
dem
löchrigen Schöpfer in die Quelle zurück. So konnte der Kübel auch nicht
mit
Wasser gefüllt werden.
Und plötzlich schlug die Uhr - mit einem deutlichen
...bim -
bam... Ein Uhr. Damit war die Geisterstunde zu
Ende. Und der Drache musste wieder fort...
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Als am nächsten Tag
die Mutter und ihre Tochter Susanne die tollen Geschenke sahen, waren
sie gleich vor
Neid erblasst. Die Mutter sagte zu Susanne: "Susi -
morgen schläfst Du in der Mühle.
Und Du wirst Dir noch mehr wünschen als Gretel." Natürlich hatte Susanne
große Angst. Aber die Mutter sagte: "Du musst Dich nicht fürchten. Was
Gretel kann, schaffst Du auch."
Am selben Abend ging also Susanne in die alte Mühle. Ihre Mutter hatte
ihr viele Naschereien, frischen Käse, Wurst und knusprige Semmeln mit
gegeben. Und als es draußen dunkel wurde, bekam Susanne Appetit auf die
leckeren Speisen, die ihr die
Mutter mitgegeben hatte. Und als sie sich
dachte: `Hamm, das wird gut schmecken!´-
kam wieder das Mäuschen auf den
Tisch und sagte: "Susanne, Du hast so leckere
Speisen. Gibst Du mir
etwas von Deiner Wurst und vom Käse?" Und wieder kamen
auch die
hungrigen Mäuse-Kinder auf den Tisch.
"Nichts da. Verschwindet. Das esse ich alles
selbst!" -
rief Susanne. Die Mäuse-Mutter war traurig und sagte: "Wenn Du uns
nichts gibst, dann musst Du auch sehen, wie Du mit dem Drachen fertig
wirst." Das Mäuschen machte
einen Pfiff! - Und weg war sie und die
kleinen Mäuschen. Auf Nimmerwiedersehen.
Alsbald wurde es Mitternacht. Mit einem deutlichen
...bim...bim...bim...
schlug es 12 Uhr.
Und als es das 12. mal `bim´ machte, war ein
furchtbares brausen zu hören. Da sah Susanne durch den Türspalt Feuer
blitzen. Und schon hörte sie den Drachen. "Susanne mach die Tür auf. Ich
will Dich fressen!" "Nein, nein!" rief Susanne. "Du musst mir zuerst
drei Wünsche erfüllen!" "Ja, aber mach schnell!" brummte der Drache.
So wünschte sich Susanne auch die besten Speisen und Süßigkeiten, - die
nach kurzer
Zeit da waren. Genauso geschah es nach dem Wunsch schönster
Bekleidungen.
"So! Und nun sag mir den dritten Wunsch!"
Susanne kannte den so wichtigen Wunsch nicht, mit dem sie den Drachen
bis zum Ende
der Geisterstunde hinhalten konnte. Sie sagte daher: "Und nun wünsche
ich mir ein ganz großes Haus in einem wunderschön blühenden Garten. Alle
Zimmer müssen fertig eingerichtet sein. Und vor dem Haus muss das
schönste Auto stehen. In einem Zimmer
des Hauses muss ein großer Kasten
voll Gold und Edelsteinen stehen. So dass man
nie mehr arbeiten muss.
Darauf sagte der Drache:
"Wenn das alles ist. - Das hab´ ich gleich
geschafft!" |
Und tatsächlich. Eine Viertelstunde bevor die Turmuhr
`Ein-Uhr´ schlug, war der Drache
mit der Arbeit fertig. Er schlug auf
die Tür und rief: "Susanne, sieh heraus. Ich habe all
Deine Wünsche
erfüllt. Jetzt will ich dich fressen!"
Nachdem Susanne sah, dass all ihre Wünsche erfüllt waren, weinte Sie
bitterlich. Sie rief nach den Mäuschen um Hilfe.
Sie kamen aber nicht
wieder.
Da schlug der Drache die Tür ein, schnappte Susanne
mit seinen Starken
Pranken. Und nach kurzer Zeit hatte er sie aufgefressen... Als am
nächsten Morgen die Mutter zur Mühle kam, sah sie nur mehr die Haut
ihrer Tochter Susanne am Hausdach aufgespannt. Von dem vielen Leid geschwächt, verstarb
auch die Mutter. |
Gretel konnte nun in das neue Haus einziehen,
lernte einen netten Mann kennen, heiratete ihn- und bekam Kinder...
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch.
Die Geschichte ist aus. Dort läuft die `Märchen-Maus´
Herwig Irmler |
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